Die Strafe für den Anbau von Cannabis nach § 29 I 1 Nr.1 BtMG beträgt Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe. Ist die nicht geringe Menge erreicht oder wird mit dem Ziel des Handeltreibens in nicht geringer Menge Angebaut, beträgt die Strafe für den Anbau von Cannabis mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe.
Der Anbau von Betäubungsmitteln ist der erste Schritt zur Produktion von Rohstoffen für die Herstellung von Betäubungsmitteln natürlicher Herkunft.
Tatobjekt beim Anbau von Cannabis
Strafbar ist im Rahmen des § 29 I 1 Nr.1 StGB nur der Anbau solcher Betäubungsmittelpflanzen, die in den Anlagen I bis III zum BtMG aufgeführt sind, oder solche, die missbräuchlich als Betäubungsmittel genutzt werden und dabei den in den Anlagen I bis III zum BtMG genannten Wirkstoff enthalten. Damit wird auch die Aufzucht von Cannabispflanzen als unerlaubter Anbau von Betäubungsmitteln bezeichnet.
Tathandlung
Unter einem Anbau von Betäubungsmitteln versteht man das vom menschlichen Willen getragene Aussäen von Samen und die Aufzucht von Pflanzen.
Dies bedeutet, dass für einen strafbaren unerlaubten Anbau von Betäubungsmitteln eigene Anstrengungen unternommen werden müssen. Aufgrund der weiten Fassung des Tatbestandes ist es daher gleichgültig, ob eine strukturierte Anbaukultur verfolgt wird, die ausgesäten Samen sich selbst überlassen werden, oder ob eine einzelne Cannabispflanze zu Hause im Blumentopf und/oder Growschrank herangezüchtet wird. Bei dem Anbau von Betäubungsmitteln handelt es sich um ein Tätigkeitsdelikt, das bereits mit der Aussaat vollendet ist. Damit ist es unerheblich, ob das Endprodukt später genutzt wird oder ob sich der erwartete Wirkstoff überhaupt entwickelt.
Anzumerken ist, dass auch ein mechanischer Vorgang, wie das Abtrennen des Cannabisharzes von den Blüten, ebenso wie das Ernten der Pflanzen den Straftatbestand des Herstellens von Betäubungsmitteln erfüllt, § 29 I Nr. 1 BtMG.
Zudem ist auch der mit dem Anbau verfolgte Zweck für die Strafbarkeit nicht maßgeblich. Sowohl der Anbau zu Zierwecken, zum eigenen Verzehr oder zu sonstigen Zwecken, beispielsweise aus biologischem Interesse, ist strafbar.
Es ist auch nicht erforderlich, dass der Täter Eigentümer oder Nutzungsberechtigter des Grundstücks oder der Wohnung ist, auf welchem bzw. in welcher der Täter den Anbau von Cannabis vornimmt.
Vorsatz und Fahrlässigkeit
Für eine Strafbarkeit eines vorsätzlichen unerlaubten Anbaus von Cannabis gemäß § 29 I 1 Nr.1 BtMG ist es ausreichend, wenn der Täter erkennt und sich damit abfindet, dass er Betäubungsmittel anbaut. Auch eine fahrlässige Begehungsweise ist gemäß §§ 29 I 1 Nr.1, IV BtMG unter Strafe gestellt.
Strafmilderung bei Anbau von Cannabis zum Eigenkonsum?
Der Gesetzgeber will besonders die „reinen Händler“ treffen, die Personen, die nur anbauen um zu verkaufen. Demgegenüber sieht die Gesetzesbegründung eine Milderung für diejenigen Personen vor, die Cannabis nur zum Eigenkonsum anbauen.
Mitbewohner, Grundstücks-, Wohnungseigentümer: Beihilfe durch Unterlassen?
Der Inhaber eines Grundstücks oder einer Wohnung unterliegt nicht der Garantenpflicht, den Anbau von Betäubungsmitteln auf seinem Grundstück zu verhindern. Dasselbe gilt für einen Mitbewohner, beispielsweise den Lebensgefährten des Züchters.
Eine Garantenpflicht besteht immer dann, wenn der Garant aufgrund einer besonderen Pflichtenstellung rechtlich dafür einzustehen hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt. Für eine solche Annahme müssten beim Anbau von Cannabis besondere Umstände hinzutreten, die eine Rechtspflicht des Dritten zum Handeln begründen. Allein die Billigung des Anbaus reicht hierfür nicht aus, um eine Unterstützung in Form psychischer Beihilfe zu begründen. Beihilfe erfordert vielmehr immer, dass die Tatbegehung durch die Billigung objektiv gefördert oder erleichtert worden ist und dies dem Gehilfen auch bewusst war.
Anbau von Cannabis auf Rezept?
Ist Eigenanbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken möglich?
Grundsätzlich kann die Erteilung einer Erlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken nicht erwartet werden. Es besteht zwar nach § 3 II BtMG die theoretische Möglichkeit eine Erlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis zu therapeutischen Zwecken beim Bundesinstitut für Arzneimittel zu beantragen, sofern die Voraussetzungen vorliegen und der Erlaubniserteilung keine zwingenden Versagungsgründe nach § 5 I BtMG entgegenstehen.
Eine solche Erlaubnis wird allerdings nur in besonderen Ausnahmefällen gewährt. Beispielweise dann, wenn unter anderem der Antragsteller an einer schweren Krankheit leidet zu deren Behandlung der Symptomatik keine gleich wirksame Therapiealternative zur Verfügung steht, er über die entsprechende Sachkenntnis verfügt und kein Missbrauch des Anbaus zu erwarten ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. 4. 2016, 3 C 10.14; OVG Münster
Die Erfolgsaussichten eines Antrages auf Erlaubnis zum Anbau von Cannabis sind extrem gering, auch wenn bereits ein offizielles Rezept vorhanden ist.
Versuch
Da es sich bei dem Anbau von Cannabis um ein Tätigkeitsdelikt handelt, ist das Delikt bereits mit dem Beginn des Anbaus, dem Einbringen der Samen in die Erde in der Art, dass daraus eine Pflanze selbständig wachsen kann, vollendet. Eine Strafbarkeit wegen versuchten Anbaus von Cannabis gem. § 29 II BtMG kommt daher nur in engen Grenzen in Betracht. Der Versuch beginnt bereits mit dem Heranschaffen des Saatgutes an eine vorbereitete Fläche. Als bloße Vorbereitungshandlung kann beispielsweise das Bereitstellen der erforderlichen Geräte gesehen werden.
Der auf der Konkurrenzebene verdrängte Tatbestand des unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln gemäß § 29 I 1 Nr. 1 BtMG (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2005 – 1 StR 476/04, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 4) entfaltet eine Begrenzungsfunktion für den Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit den erst noch anzubauenden Produkten, in dem er als Anfangsstadium den Versuch des unerlaubten Handeltreibens erst mit dem unmittelbaren Ansetzen zum Anpflanzen beginnen lässt (BGH, Beschluss vom 3. August 2011 – 2 StR 228/11, NStZ 2012, 43; Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 558). Hierzu kommt es nach dem auch hier gültigen Maßstab des § 22 StGB erst mit Heranschaffen der Setzlinge an die vorbereitete Fläche oder zu den vorbereiteten Pflanzgefäßen (vgl. BGH aaO mwN; Patzak in Körner, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 2 Rn. 74).
Nicht geringe Menge beim Anbau von Cannabis
Ein besonderes Augenmerk ist auf die Menge der angebauten Pflanzen zu legen. Denn bereits mit wenigen Pflanzen kann die “Normalmenge” alsbald überschritten werden und die „nicht geringe Menge“ erreicht werden. Die „nicht geringe Menge“ ist bei Cannabisprodukten ab einem THC Gehalt von 7,5 g erreicht, dem rein isolierten Wirkstoff. Dieser Anbau wird gemäß § 29 a I Nr.2 BtMG als unerlaubter Besitz einer nicht geringen Menge von Betäubungsmitteln mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr geahndet.
Mehr zur nicht geringen Menge beim Anbau von Cannabis.
Erfüllung weiterer Straftatbestände durch Anbau von Cannabis
Mit der Produktion von THC der angebauten Pflanzen, ist der Züchter im Besitz eines Cannabis Produktes. Damit wird ab diesem Zeitpunkt der Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln gemäß § 29 I 1 Nr.1 BtMG erfüllt.
Sobald der Züchter die Cannabispflanze erntet und dieses möglicherweise in verschiedene Produkte weiterverarbeitet, stellt dies wiederum gemäß § 29 I 1 Nr. 1 BtMG eine strafrechtlich relevante Herstellung dar.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Strafbarkeit wegen Handeltreibens mit Cannabis gemäß § 29 I 1 Nr.1 BtMG. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Anbau zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs als Teilakt des Handeltreibens zu bewerten und einzelne, gesonderte Anbauvorgänge stellen selbständige Taten des Handeltreibens dar.
„Erfolgt die Aufzucht von Marihuanapflanzen zum Zwecke des späteren gewinnbringenden Absatzes der geernteten Pflanzen, geht der Anbau als unselbständiger Teilakt in der Bewertungseinheit des Handeltreibens auf (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschluss vom 3. August 2011 – 2 StR 228/11, NStZ 2012, 43; BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2018 − 4 StR 318/18, NStZ 2019, 82 jeweils mwN). Gesonderte Anbauvorgänge sind dann grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 407/12)“
BGH 5 StR 559/11, Urteil vom 15. März 2012 (LG Frankfurt [Oder])
Quellen:
BGH 5 StR 559/11 – Urteil vom 15. März 2012 (LG Frankfurt [Oder])
Patzak in Körner, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 2 Rn. 74
BGH, Beschluss vom 3. August 2011 – 2 StR 228/11, NStZ 2012, 43
BVerwG, Urteil vom 6. 4. 2016 – 3 C 10.14; OVG Münster
Bohnen / Schmidt, BtMG